Castrop-Rauxel ist neues Mitglied im Bündnis „Für die Würde unserer Städte“

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Der Rat der Ruhrgebietsstadt hat einstimmig den Beitritt zum Aktionsbündnis der Kommunen beschlossen, die sich für eine gerechte Finanzverteilung in Deutschland einsetzen. Gemeinsam mit 63 weiteren Städten und Kreisen aus der ganzen Republik kämpft Castrop-Rauxel nun für eine Altschuldenlösung, eine Reform der Förderpolitik und gegen Steueroasen.

Beitritt Castrop-Rauxel: Christioph Gerbersmann, Sprecher von "Für die Würde unserer Städte" begrüßt Kämmerer Michael Eckhardt, Bürgermeister Rajko Kravanja, und Stefan Brenk, Leiter des Bereichs Finanzen (von Links), im Aktionsbündnis. Foto: Castrop Rauxel
Christoph Gerbersmann, Sprecher von “Für die Würde unserer Städte” begrüßt Kämmerer Michael Eckhardt, Bürgermeister Rajko Kravanja und Stefan Brenk, Leiter des Bereichs Finanzen (von links), im Aktionsbündnis. Foto: Castrop Rauxel

Castrop-Rauxel hat wie viele Kommunen in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, um Schulden abzubauen und einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Nun erlebt die Stadt (ebenfalls wie viele andere), dass die Erfolge dieser Bemühungen akut bedroht sind. Steigende Zinsen, deutlich höhere Bau-, Energie- und Personalkosten sowie die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs – all das führt zu neuen Belastungen des städtischen Haushalts, die angesichts noch bestehender Herausforderungen zu einer echten Gefahr werden.

Bürgermeister Rajko Kravanja, Kämmerer Michael Eckhardt und Stefan Brenk, Leiter des Bereichs Finanzen, haben deshalb dem Stadtrat vorgeschlagen, dem Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte” beizutreten. Der Rat hat diesen Vorschlag einstimmig angenommen. „Die Kommune ist erster Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger. Bund und Land müssen verstehen, dass mit dem Verlust der gestalterischen Handlungsfähigkeit der Städte, das Vertrauen in den Staat insgesamt verloren geht. Statt Geld in die Sanierung maroder Straßen oder in Kitas zu investieren, müssen die Städte Schulden zu steigenden Zinsen tilgen, die im Wesentlichen aus einer Abwälzung von immer mehr Aufgaben und insbesondere von Aufwendungen für soziale Zwecke auf die Kommunen resultieren”, begründet Bürgermeister Rajko Kravanja den Beitritt zum Aktionsbündnis.

Für das Aktionsbündnis hat Sprecher Christoph Gerbersmann Castrop-Rauxel persönlich im Kreis der Kommunen begrüßt, die für eine faire Finanzverteilung in Deutschland kämpfen. „Wir freuen uns, dass Castrop-Rauxel den Einsatz für eine Altschuldenlösung und eine auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen als Mitglied von „Für die Würde unserer Städte“ unterstützt. Die Situation in den finanzschwachen Kommunen verschlechtert sich von Woche zu Woche. Wir brauchen dringend eine Altschuldenlösung, und zwar sowohl auf Bundesebene als auch in NRW. Die betroffenen Kommunen sind unverschuldet finanzschwach geworden. Bund und Länder haben ihnen viele Aufgaben zugewiesen und nicht für einen passenden Ausgleich gesorgt. Sie tragen eine wesentliche Verantwortung für die dramatische Situation und müssen sich dieser Verantwortung endlich stellen.“

Im Aktionsbündnis sind 64 Kommunen aus sieben Bundesländern vertreten, in denen rund 8,5 Millionen Menschen leben, also jede und jeder Zehnte in Deutschland. Die Mitglieder haben eine bittere Gemeinsamkeit: Sie alle haben einen heftigen Strukturwandel erlebt und müssen in dessen Folge mit unterdurchschnittlichen Steuereinnahmen und überdurchschnittlichen Sozialausgaben kämpfen. Bund und Länder haben diese Situation durch das Delegieren von Aufgaben, insbesondere im Sozialbereich, wesentlich mitverursacht. Pläne für die Zukunft, etwa der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen ab 2026, setzen diesen Kurs fort.

Die betroffenen Kommunen mussten Kredite aufnehmen, um die Pflichtaufgaben, die ihnen übertragen wurden, zu erfüllen. Deshalb zahlen sie für Zinsen und Tilgung statt wie andere Kommunen in Infrastruktur, Bildung und Zukunftsthemen wie Klimaschutz oder Digitalisierung investieren zu können. Um diese ungerechte Situation zu ändern, verfolgt das Aktionsbündnis „Für die Würde unsere Städte“ drei Ziele:

  1. Altschuldenlösung: Bundesweit leiden die Kommunen aus den genannten Gründen unverschuldet unter Altlasten in Höhe von rund 33 Milliarden Euro sowie den damit verbundenen Zins- und Tilgungspflichten. In den Koalitionsverträgen aus Bundes- und Landesebene ist ein einmaliger Kraftakt zur Lösung des Altschuldenproblems versprochen. Andere Bundesländer haben ihren Anteil bereits geleistet, NRW ist das letzte Bundesland, das noch keine Lösung gefunden und umgesetzt hat. Die Kommunen brauchen diese Lösung dringend und sind selbstverständlich bereit, ihren Anteil daran zu übernehmen.
  2. Reform der Förderpolitik: Es gibt zahlreiche Förderprogramme von Bund und Ländern, an denen sich finanzschwache Kommunen nicht beteiligen können – weil sie nicht das Personal haben, um die umfangreichen Anträge zu bearbeiten, weil sie den erforderlichen Eigenanteil nicht aufbringen oder weil sie die personellen Folgekosten des Förderprogramms nicht stemmen können. Deshalb müssen Bund und Länder den Dschungel der Förderprogramme lichten, stärker auf pauschalisierte Mittel setzen sowie die Folgekosten im Blick haben.
  3. Verhinderung von Steueroasen: Es gibt an vielen Stellen der Republik Kommunen, die ihre Gewerbesteuer massiv senken, um so Unternehmen zu bewegen, ihren offiziellen Sitz in diese Kommune zu verlegen und dort Steuern zu zahlen. In der Praxis bedeutet das: Die Produktionsstätten und die mit ihnen verbundenen Belastungen bleiben in den ursprünglichen Kommunen, die Steuereinnahmen wandern in die Städte, in denen sich oft nur ein Briefkasten des Unternehmens befindet. Dieser unfaire „Wettbewerb“ reduziert die ohnehin unterdurchschnittlichen Steuereinnahmen der finanzschwachen Kommunen und muss deshalb unattraktiv gemacht werden.