Die bekannte Stadt am Mittelrhein ist nun Mitglied von „Für die Würde unserer Städte“, dem Bündnis, in dem sich finanzschwache Kommunen aus ganz Deutschland zusammengeschlossen haben. Bacharach setzt sich so für Hilfen auf der Bundesebene und mit den weiteren Bündnis-Städten aus Rheinland-Pfalz für Lösungen auf Landesebene ein.
Bacharach gilt als die heimliche Hauptstadt der Rheinromantik und begrüßt jedes Jahr viele Besucherinnen und Besuchern in seinen historischen Gassen und lauschigen Winkeln. Doch trotz der Schönheit und Beliebtheit plagen die Stadt große Sorgen. Die Gewerbesteuereinnahmen sind mangels großer Unternehmen unterdurchschnittlich. Zugleich wachsen die finanziellen Lasten, weil Bund und Land der Stadt viele Aufgaben aufbürden, ohne für den passenden finanziellen Ausgleich zu sorgen. Und weil Inflation, Tarifabschluss, steigende Sozialausgaben und die Zinserhöhungen die Kommune hart treffen. Deshalb ist Bacharach ohne eigenes Verschulden finanzschwach.
So geht es leider vielen Städten und Gemeinden in Deutschland, ohne dass ausreichende Hilfe in Sicht ist. Die Betroffenen haben deshalb das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ gegründet und kämpfen gemeinsam für eine gerechte Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Der Stadtrat von Bacharach hat nun beschlossen, sich dem Bündnis und seinem Einsatz anzuschließen. „Die Unterhaltung der historischen Bausubstanz in Kombination mit den stetig steigenden Aufgaben, die Bund und Land auf die Kommunen verteilen, sorgt für eine klare finanzielle Überforderung der Stadt Bacharach. Der finanzielle Spielraum ist ausgereizt, für freiwillige Leistungen ist seit Jahren kein Geld da. Wenn Bund und Land das kulturelle Erbe erhalten wollen, muss auch eine klare Steigerung der finanziellen Zuweisungen an die Städte erfolgen”, erklärt Stadtbürgermeister Philipp Rahn.
Markus Zwick, Oberbürgermeister von Pirmasens und Sprecher von „Für die Würde unserer Städte“, begrüßte das neue Mitglied: „„Wir freuen uns, dass Bacharach sich unserem Bündnis anschließt, auch wenn wir die Umstände, die dazu geführt haben, ausdrücklich bedauern. Das zeigt leider einmal mehr: Das Problem der ungerechten Finanzverteilung und der nicht selbst verursachten Verschuldung der Kommunen ist an vielen Stellen in Deutschland akut. In unseren Bündniskommunen sind mehr als 8,5 Millionen Menschen betroffen.“
„Für die Würde unserer Städte“ verfolgt im Wesentlichen vier Ziele:
- Altschulden-Lösung auf Bundes- und Landesebene: Um die von Bund und Land delegierten Aufgaben erfüllen zu können, mussten die Kommunen Kredite aufnehmen. Daraus sind im Laufe der Jahrzehnte hohe Schulden entstanden, die die Betroffenen trotz großer Anstrengungen nicht aus eigener Kraft abtragen können. Die Gesamtsumme der Altschulden liegt bundesweit bei mehr als 30 Milliarden Euro. In der aktuellen Situation steigt die Gefahr, dass dieser Betrag wieder wächst. Deshalb braucht es eine Altschuldenlösung des Bundes, so wie Rheinland-Pfalz bereits eine beschlossen hat. Nur wenn beide Ebenen ihren Anteil übernehmen, können die Kommunen wirksam entlastet werden. Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag „einen einmaligen Kraftakt“ zugesagt, bisher aber noch keinen Gesetzesentwurf dazu vorgelegt. „Für die Würde unserer Städte“ fordert mit Nachdruck, dies endlich zu tun.
- Angemessene Finanzausstattung der Kommunen: Damit die Städte und Gemeinden nach einem Schuldenschnitt nicht erneut in eine Situation wie die jetzige geraten, braucht es Vorkehrungen gegen Neuschulden. Das bedeutet, dass die Kommunen von Bund und Land finanziell so ausgestattet werden müssen, dass sie ihre Pflichten und wichtige Zukunftsaufgaben wie Klimaschutz und Digitalisierung aus eigener Kraft erfüllen können.
- Reform der Förderpolitik: Die Kommunen müssen für ihre Investitionen gestärkt werden – auch durch zinsgünstige Investitionsförderprogramme. Die aktuelle Praxis in der Förderpolitik widerspricht diesem Ziel. Der Aufwand, eine Förderung zu beantragen, übersteigt die Möglichkeiten vieler Kommunen. Zudem können sie den geforderten Eigenanteil und/oder die personellen Folgekosten nach Ende der Förderung nicht aufbringen. Deshalb kommen die Mittel oft nur bei Kommunen an, die keine oder geringe finanzielle Probleme haben, statt bei den Städten und Gemeinden, die die Hilfen dringend brauchen.
Eine Reform der Förderpolitik hin zu pauschalisierten Mittel und dem Verzicht auf einen Eigenanteil hätte in Zeiten des Fachkräftemangels einen zusätzlichen Vorzug: Hochqualifizierte Mitarbeitende in den Verwaltungen von Bund, Land und Kommunen müssten sich nicht mehr mit den umfangreichen Antragsverfahren und deren Kontrollen beschäftigen, sondern könnten für andere wichtige Aufgaben im Sinne der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden.
- Steueroasen unattraktiv machen: Zu den wenigen Stellschrauben finanzschwacher Kommunen zählen die Hebesätze für die Gewerbe- und die Grundsteuer. Diese sind allerdings insofern kontraproduktiv, als sie zwar die Einnahmeseite verbessern, aber die Städte und Gemeinden als Standorte unattraktiver macht. Diese Situation verschlechtert sich noch einmal drastisch, wenn sich andere Kommunen als Steueroase profilieren und Unternehmen abwerben. Diesem Vorgehen muss der Gesetzgeber entgegenwirken, in dem er Steueroasen-Modelle unattraktiv macht, zum Beispiel über das Gemeindefinanzierungsgesetz und negative Schlüsselzuweisungen für Kommunen.