Die NRW-Landesregierung hat einen Vorschlag zur Altschuldenfrage präsentiert, der am Freitag (18. August) im Landtag diskutiert wurde. Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ präsentierte dort vier Punkte, in denen der Plan dringend weiterentwickelt werden muss.
Der Anfang ist gemacht, bis zu einer passenden Hilfe für die finanzschwachen Kommunen in Nordrhein-Westfalen müssen aber noch entscheidende weitere Schritte folgen – mit dieser Botschaft wendete sich das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ an die Mitglieder des Ausschusses für Heimat und Kommunales im Landtag und die Landesregierung. NRW müsse einen eigenen finanziellen Beitrag zur Altschuldenhilfe leisten, nur dann werde die Bundesregierung ihre Zusage für eine anteilige Schuldenübernahme einhalten. „Die finanziellen Folgen von Corona und des Ukraine-Kriegs sowie die Zinssteigerungen der EZB haben die Haushaltslage in vielen Kommunen dramatisch verschlechtert. Diese Städte und Gemeinden brauchen nun dringend Unterstützung von Bund und dem Land NRW – auch, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in ihre Handlungsfähigkeit zu bewahren“, sagten die Sprecher von „Für die Würde unserer Städte“, Christoph Gerbersmann und Martin Murrack.
Im überparteilichen Aktionsbündnis haben sich 63 Kommunen aus sieben Bundesländern zusammengeschlossen, die unverschuldet finanzschwach geworden sind. Sie sind besonders vom Strukturwandel betroffen und leiden deshalb unter überdurchschnittlichen Sozialausgaben sowie unterdurchschnittlichen Steuereinnahmen. Dieses Problem trifft Nordrhein-Westfalen in besonderem Maße, weil hier die absolut höchste Verschuldung mit Liquiditätskrediten vorliegt (Stand 31. Dezember 2022: 21,14 Milliarden Euro) und die größte Anzahl hochbelasteter Städte und Gemeinden besteht.
Eine Lösung der Altschuldenfrage wurde in Nordrhein-Westfalen seit vielen Jahren angekündigt. Die jetzige Landesregierung hat nun endlich einen Vorschlag und erste Eckpunkte vorgestellt. Das begrüßt „Für die Würde unserer Städte“ ausdrücklich und schlägt vor, den Plan nun in vier Punkten weiterzuentwickeln, um eine nachhaltige und dauerhafte Lösung zu erreichen.
- Eigener Landesanteil: Die vorgesehene Verwendung des Grunderwerbsteueranteils, der vom Land in den fakultativen Steuerverbund eingebracht wird, ist auch aus Sicht des Bündnisses kein eigenständiger Landesbeitrag. In allen deutschen Flächenländern tragen in unterschiedlichen Anteilen auch Landessteuern zum Steuerverbund bei, so dass die Verbundquote das Instrument darstellt, mit dem die Finanzierungsbasis der Kommunen quantitativ festgelegt wird. Der Zugriff auf die Grunderwerbsteuer ohne kompensierende Anhebung der Verbundquote ist also ein gravierender Eingriff in die Finanzausstattung der Kommunen. Eine Landesbeteiligung würde nach unseren Berechnungen 400 bis 500 Millionen Euro jährlich erfordern. Dies entspricht der Größenordnung des Stärkungspakts und ist in einem Etat mit einem Gesamtvolumen von mehr als 90 Milliarden Euro zu schaffen.
- Bundeshilfe möglich machen: Das Bundesfinanzministerium hat den derzeit vorgesehenen Landesbeitrag als Voraussetzung für eine Bundeshilfe als unzureichend gekennzeichnet. Kritisiert wird, dass NRW keinen eigenen Beitrag leistet. Ohne einen Bundesanteil wird es für die betroffenen Kommunen schwer, die Altschuldenfrage zu lösen. Dabei sind sie ausdrücklich bereit, einen eigenen Beitrag zu leisten. Bei einer Bundesbeteiligung von 50 Prozent könnten Land und betroffene Kommunen sich jeweils mit 25 Prozent beteiligen.
- Fairer Umgang mit der kommunalen Familie: Nach derzeitigem Kenntnisstand wird der überwiegende Teil der Städte und Gemeinden durch den Vorschlag der Landesregierung mehr be- als entlastet. Damit besteht die Gefahr einer Spaltung der kommunalen Familie mit erheblichen Folgen für die kommunale Selbstverwaltung. Erschwerend hinzu kommt, dass die Verwendung eines Vorwegabzuges aus der Finanzausgleichmasse für die Entschuldung zu einer Ungleichbehandlung führt. Die Kürzung betrifft insbesondere Gemeinden, die Schlüsselzuweisungen erhalten. Abundante Gemeinden, die ebenfalls von der Entschuldung profitieren, sind nur im Rahmen der Kürzung bei den pauschalen Zuweisungen betroffen. Damit wird eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Kommunen geschaffen. Dies kann nur vermieden werden, wenn eine gerechte Lastenteilung vertikal mit dem Land und horizontal unter den Kommunen erzielt wird.
- Neuschulden verhindern: Die finanzschwachen Kommunen bekennen sich zu diesem Ziel. Sie haben in den vergangenen Jahren mit großen Anstrengungen Schulden abgebaut. Um nach einer Altschuldenlösung nicht zu neuen Liquiditätskrediten gezwungen zu sein, braucht es eine auskömmliche Finanzausstattung der Städte und Gemeinden. Die Kommunen bekommen mehr und mehr Aufgaben von Bund und Länder übertragen, der finanzielle Ausgleich bleibt aber weit hinter den tatsächlichen Kosten zurück.
Außerdem muss die Förderpolitik reformiert werden. Kommunen haben nicht die personellen Kapazitäten, um die umfangreichen Anträge zu stellen, sie können oft den verlangten Eigenanteil nicht aufbringen und/oder die personellen Folgekosten nach Auslaufen des Förderprogramms nicht stemmen. Deshalb werden Förderprogramme vor allem von wohlhabenden Kommunen abgerufen und nicht von denen, die sie dringend brauchen. „Für die Würde unserer Städte“ fordert pauschale Förderungen ohne Eigenanteil und mit Berücksichtigung der personellen Folgekosten.