Unsere Frage: Die meisten benachteiligten Kommunen sind aufgrund der Haushaltskonsolidierung durch sehr hohe Steuerhebesätze gekennzeichnet. Wie könnte den Kommunen geholfen werden, die Hebesätze zu senken und Chancengerechtigkeit im interkommunalen Wettbewerb herzustellen?
CDU/CSU: Gemeinsame Antwort auf Frage 1, 3, 4, 5, 6 und 8: Die unionsgeführte Bundesregierung hat die Kommunen in der vergangenen Legislaturperiode massiv unterstützt. Auch in der Corona-Pandemie wurden die Kommunen nicht allein gelassen. So haben Bund und Länder insbesondere die Gewerbesteuerausfälle der Kommunen ausgeglichen. Grundsätzlich sind aber die Länder in der Verantwortung, eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen sicherzustellen. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass Städte und Gemeinden aus eigener Kraft die unterschiedlichen Herausforderungen vor Ort bewältigen können. Dazu brauchen Kommunen verlässliche Finanzierungsquellen, die neuen, bürokratieintensiven Förderprogrammen grundsätzlich vorzuziehen sind. Wir werden die kommunal relevanten Förderprogramme zusammenfassen und auf einer Online-Plattform bündeln, damit sie dort einfacher beantragt und abgewickelt werden können. In einer Föderalismusreform werden wir einen neuen Zukunftspakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen schmieden. Wir werden alles auf den Prüfstand stellen, eine Analyse der staatlichen Aufgaben erstellen und den Grundsatz der Subsidiarität konsequent anwenden. Uns leitet das demokratische Prinzip klarer Verantwortlichkeit: Die Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, wer wofür in unserem Staat Verantwortung trägt. Dazu werden wir die Finanzbeziehungen von Bund, Ländern und Kommunen zeitgemäß ordnen und eine aufgabengerechte Finanzverteilung festlegen
SPD: Auch hier gilt: Der Bund ist ein Partner der Kommunen, weitere wichtige Partner sind die Länder, die ebenso gefordert sind im Sinne der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in ganz Deutschland die existierenden Ungleichheiten nicht noch stärker anwachsen zu lassen. Dann ergäben sich auch wieder Spielräume die Hebesätze nach unten anzupassen.
Grüne: Gerade finanzschwache Kommunen haben oft hohe Hebesätze bei Gewerbe- und Grundsteuer festgelegt. Sie werden dazu teilweise auch von den zuständigen Kommunalaufsichten angehalten. Die Kommunen können die Hebesätze, die die Bürger*innen und die Wirtschaft vor Ort belasten, nur dann wieder senken, wenn sie eine angemessene und ausreichende Finanzausstattung haben. Um diese ausreichende Finanzausstattung herzustellen, wollen wir GRÜNE die coronabedingten Steuerausfälle ausgleichen, den Kommunen bei der Tilgung der hohen Altschulden helfen, eine neue Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Daseinsfürsorge“ einführen und einen Investitionsfonds auch für Kommunen auflegen. Die Gewerbesteuer, die starken Schwankungen unterliegt und sehr konjunkturabhängig ist, wollen wir weiterentwickeln. Durch die Einbeziehung von Freiberufler*innen und Selbständigen soll sie eine stabilere Einkommensquelle für Kommunen werden. Selbständige und Freiberufler*innen sollen aber nicht verstärkt zur Kasse gebeten werden. Sie sollen die Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer geltend machen können.
FDP: Wir Freien Demokraten setzen uns für digitale Freiheitszonen ein. Hiermit können in benachteiligten Kommunen Sonderwirtschaftszonen entstehen, die mit regulatorischen und steuerlichen Freiheiten ausgestattet werden, sodass sich Gründerzentren, Start-ups, Spin-offs und innovative Mittelständler in Zusammenarbeit mit Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Transferzentren und zivilgesellschaftlichen Organisationen entfalten können. Somit werden strukturschwache Gemeinden wettbewerbsfähiger.
Die Linke: Kommunen können leichter und schneller ihre Hebesätze senken, wenn sie über eine ausreichende, nachhaltige Finanzausstattung verfügen. Deswegen wollen wir u.a. die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer – mit breiterer Bemessungsgrundlage und unter Einbeziehung jeder selbstständigen wirtschaftlichen Betätigung mit der Absicht, Gewinn zu erzielen (bei einem großzügigen Freibetrag) – weiterentwickeln. Dadurch würden die Gewerbesteuereinnahmen steigen und verstetigt werden, so dass eine Hebesatzsenkung eher umsetzbar erscheint. Auch im Bereich der Grundsteuer habt DIE LINKE ein sozial gerechtes Reformmodell vorgeschlagen. Hier gilt es jedoch zunächst die umfangreichen Neubewertungen der Grundstücke abzuwarten, bevor Hebesatzsenkungen realistisch in Betracht gezogen werden können. Hebesatzsenkungen könnten z.B. dann eintreten, um das avisierte Ziel der Aufkommensneutralität im Rahmen der Grundsteuerreform einzuhalten. Durch Einrichtung eines kommunalen Altschuldenfonds und der Einführung eines Solidarpakts III für strukturschwache Regionen könnten sich Kommunen – gerade infolge der Corona-Pandemie – schneller finanziell konsolidieren, es würden überhaupt erst vorsichtige Spielräume für eine Hebesatzsenkung geschaffen werden. Für DIE LINKE ist es wichtig, dass am kommunalen Hebesatzrecht als wichtigem Ausfluss des Rechts auf kommunale Selbstbestimmung grundsätzlich nicht gerüttelt wird.